Blick ins Innere des Atoms: Wissenschaftler entdecken Magnetismus im Kern eines Moleküls

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Das Universum funktioniert nach einem Grundprinzip der Symmetrie – die Gesetze der Physik sollten für Zeit und Raum gleichermaßen gelten. Während dies für die meisten Phänomene wie Schwerkraft oder Elektromagnetismus gilt, weisen bestimmte Aspekte der Natur winzige Ungleichgewichte auf, die Wissenschaftler nur schwer erklären können. Ein solches Rätsel liegt in radioaktiven Kernen. Diese Atomkerne verstärken mit ihrer ungleichmäßigen Verteilung von Protonen und Neutronen selbst kleinste Symmetriebrüche.

Wissenschaftler glauben, dass die Aufdeckung dieser Asymmetrien zu Durchbrüchen führen könnte, die über unser derzeitiges Verständnis der Physik hinausgehen, wie es im Standardmodell beschrieben wird. Einem Forscherteam von CERN und MIT ist diesem Ziel ein großer Schritt näher gekommen. Sie haben erstmals beobachtet, wie sich der Magnetismus im Kern eines Moleküls verteilt – eine Leistung, die aufgrund technischer Einschränkungen bisher nicht möglich war.

Eine einzigartige molekulare Avocado

Der Schlüssel zu diesem Durchbruch liegt in einem bestimmten radioaktiven Molekül: Radiummonofluorid (RaF). Diese ungewöhnliche Verbindung besteht aus einem Radiumatom, das an ein Fluoratom gebunden ist. Der Radiumkern, der für seine „Oktupolverformung“ bekannt ist, besitzt eine ausgeprägte Birnen- oder Avocadoform – eine seltene Eigenschaft, die nur bei einer Handvoll Atomkernen im gesamten Kernhoroskop zu finden ist. Diese Asymmetrie macht RaF zu einem idealen Kandidaten für die Erkennung subtiler Symmetrieverletzungen.

Das Studium von RaF stellt jedoch erhebliche Herausforderungen dar. Radium ist bekanntermaßen radioaktiv und zerfällt innerhalb von etwa 15 Tagen schnell. Diese Instabilität bedeutet, dass Wissenschaftler nur winzige Mengen des Moleküls herstellen und es für kurze Zeit untersuchen können. Jedes RaF-Molekül existiert nur für Bruchteile einer Sekunde, bevor es verschwindet.

Den Kernmagnetismus entlarven

Um diese Hürden zu überwinden, nutzten die Forscher die ISOLDE-Anlage des CERN, um Radium-225 zu erzeugen und es mit Fluorgas zu kombinieren. Dieser Prozess führte zu einem kontinuierlichen Strom kaum nachweisbarer RaF-Moleküle – nur etwa fünfzig pro Sekunde erfüllten die notwendigen Messbedingungen.

Mit hochpräzisen Laserstrahlen, die auf bestimmte Frequenzen abgestimmt waren, bombardierten sie diese flüchtigen Moleküle. Die Absorption oder Emission von Licht durch das Molekül erzeugte ein Spektrum – einen einzigartigen Fingerabdruck, der Informationen über die Verteilung der Elektronen rund um den Kern preisgibt. In diesem Fall deuteten jedoch unerwartete Verschiebungen innerhalb der Spektralmuster auf etwas Tiefgreifenderes hin: den Einfluss des inneren Magnetismus des Radiumkerns auf die umlaufenden Elektronen.

Dieses als Bohr-Weisskopf-Effekt bekannte Phänomen wurde zuvor bei einzelnen Atomen beobachtet, bei denen ein einzelnes Elektron mit einem einzelnen Kern wechselwirkt. Der Nachweis innerhalb eines Moleküls war beispiellos, da sich die Elektronen zwischen den beiden Kernen eines Moleküls ständig bewegen und magnetische Signale verdecken können. Aber in RaF ermöglichte das einfachere Fluoratom den Forschern, sich auf die magnetische Struktur des schwereren Radiumkerns zu konzentrieren.

Ein Fenster in die neue Physik?

Diese bahnbrechende Beobachtung – eine direkte Messung des Magnetismus im Kern eines Moleküls – eröffnet aufregende neue Wege für die Forschung. Das Team plant nun, diese Moleküle mit Lasern einzufangen und zu verlangsamen, um noch präzisere Messungen zu ermöglichen, die weitere winzige Symmetrieverletzungen aufdecken könnten. Solche Erkenntnisse könnten auf unbekannte Teilchen oder Kräfte außerhalb des Standardmodells hinweisen und unser Verständnis des Universums revolutionieren.

Wilkins kommt zu dem Schluss: „Jetzt wissen wir, dass sie leistungsstarke Werkzeuge für die Suche nach neuer Physik sein können.“